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Die Geschichte der LeiterplatteBanner Banner

Autor: Reinhard Kluger

Der Fortschritt kam gedruckt: Die Geschichte der Leiterplatte

Zu den wohl wichtigsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts gehört die Leiterplatte. Geistiger Vater der gedruckten Schaltung ist Paul Eisler. Um die Anerkennung seiner Idee musste er lange Jahre kämpfen.

Ein paar Pfennige nur für jedes gefertigte Exemplar seiner Erfindung, er hätte ein größeres Vermögen hinterlassen, als das derzeitige des Bill Gates: Paul Eisler jedoch hatte diesen Erfolg nicht.

Dem gebürtigen Österreicher kam zwar die zündende Idee zur wohl wichtigsten Erfindung dieses Jahrhunderts, doch er musste um die Anerkennung lange Jahre kämpfen.

Was er Ende der 1930er Jahre entwickelte, gilt als Meilenstein auf dem Weg zur heutigen Massenfertigung der abermilliarden Radios, Fernseher, Waschmaschinen und Computer, kurzum von allen Geräten, in denen Elektronik steckt. Paul Eisler nämlich erfand die gedruckte Schaltung, eben die Leiterplatte, englisch: printed circuit board, PCB.

Im Februar 1943 meldete Paul Eisler das Britische Patent 639,178 „Manufacture of Electric Circuits and Circuit Components“ in London an. Warum der Österreicher dies in London tat, hatte seinen Grund. Als jüdischer Bürger verließ er 1936 wegen der Nazis Wien und ging nach London. Dass er dann dort den Rest seines Lebens verbringen sollte, ahnte er zum damaligen Zeitpunkt noch nicht, wie er später in seiner Autobiographie über den Kampf der Anerkennung „My Life with the Printed Circuit“ schreibt.

Die Massenfertigung im Fokus

Eisler, der studierte Ingenieur, hatte während seines Studiums eine Zeit lang als Redakteur an einer Zeitschrift gearbeitet. Das Bedrucken von Papier brachte ihn schon damals auf die Idee, mit diesem Verfahren müsse man mehr als nur Zeitungen in Massen fertigen können. In seiner engen Einzimmerwohnung in der Londoner Vorstadt Hampstead erinnerte er sich dann wieder daran.

Beim Bau der damaligen Radios verband man noch Röhren, Widerstände und Spulen mit einzelnen Drähten untereinander. Mit den vielen verwickelten Drähtchen entstand in den damaligen Radios etwas, was man als „Vogelnester“ bezeichnete, etwas Unübersichtliches und Verworrenes. Eisler wünschte sich ein hingegen ein sauberes System von Leiterzügen auf einer Ebene. Eben etwas, das sich drucken lassen sollte, etwas, das Grundlage für ein Massenherstellverfahren sein sollte.

Den Vertrag im Taxi unterschrieben

Eisler experimentierte kräftig und sein erstes Patent von 1936, ein Vorläufer seines Hauptpatentes, beschreibt die erste richtige gedruckte Schaltung. Er präsentierte seine Idee beim englischen Radioproduzenten Plessey. Dort werkelten unzählige Frauen mit komplizierten Drahtbündeln. Mit „Our girls are cheaper and more flexible“ wies man ihn und seine Idee ab.

Im Jahr 1939, mit Kriegsbeginn, fand er mit dem vermögenden Besitzer einer Druckerei Harold V. Strong einen Förderer. Dieser erkannte in Eislers Idee der gedruckten Schaltung die Möglichkeit, von der unter Papiermangel leidenden Druckindustrie in die florierende Rüstungsindustrie umzusteigen. Während einer Taxifahrt unterschrieb Eisler vertrauensvoll einen Vertrag. Für ein englisches Pfund Sterling übertrug er Strong die Rechte an seiner Erfindung.

Die Idee blieb erst unter Verschluss

So offensichtlich auch der militärische Nutzen der Erfindung war, das damalige britische Ministerium für Rüstungsindustrie sperrte sich gegen den Einsatz. Die Folge: Kein privates Unternehmen getraute sich, die Idee aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Anders die Amerikaner. Routinemäßig meldeten die Briten zur damaligen Zeit jede Erfindung auch an das amerikanische Bureau of Standards.

Dort entwickelte man mit einer gedruckten Schaltung einen Annäherungszünder für Luftabwehrgeschosse. Jetzt ließ sich Elektronik in größeren Mengen preiswert herstellen. Noch vor Kriegsende erfolgte dann auch der erste massenhafte Einsatz, und zwar in Fernost.

Die Leiterplatte wurde 1948 öffentlich

Im Jahr 1948 erfuhr dann auch die Öffentlichkeit von der Idee der gedruckten Schaltung. Der Siegeszug der Leiterplatte begann, zumal zu der Zeit auch das Prinzip des Massenlötens per Lotwelle entwickelt wurde. Eine weitere wichtige Voraussetzung für eine preiswerte Massenfertigung von Elektronik.

Doch Eisler brachte das nicht viel. Und auch Harold V. Strong hatte nicht den finanziellen Erfolg, den er sich anfangs erhofft hatte. Sein Unternehmen Technograph vermarktete die Lizenzen für Leiterplatten. Eisler, obwohl im Vorstand des Unternehmens, wurde dennoch kein reicher Mann, denn ein Monopol für Leiterplatten ließ sich nie erreichen.

Heute werden in der ganzen Welt unzählbare Mengen von Leiterplatten gefertigt. Auch wenn Leiterplatten immer kleiner werden, eine moderne Massenfertigung elektronischer Geräte wäre ohne die Leiterplatte nicht denkbar.

Als Erfinder erst spät anerkannt

Die amerikanische Elektronikindustrie griff die Idee der gedruckten Schaltung in den 1950er Jahren auf und entwickelte sie zügig weiter. Mitte der 1950er Jahre kam die Erfindung dann wieder zurück nach Europa. Und auch deutsche Unternehmen begannen 1957 mit der Produktion von Leiterplatten.

Eisler, anfangs noch im Vorstand von Technograph, trat 1957 aus dem Unternehmen aus. Er war weniger verbittert über den ausbleibenden finanziellen Erfolg, sondern darüber, dass man ihm nicht die Ehre zuteil werden ließ, die ihm gebührte: Urheber einer der bedeutendsten Erfindungen des Jahrhunderts zu sein.

Erst 1971, Eisler hat lange dafür gekämpft, wurde er als Erfinder der gedruckten Schaltung anerkannt. Die letzte bedeutende Ehrung wurde ihm sogar noch später zuteil: Erst 1992 verlieh ihm das Institute of Electrical Engineers die Nuffield Silber Medaille, kurz bevor Eisler am 26. Oktober 1992 als 85-Jähriger in einem Vorort von London verstarb.

Auch weitere wichtige Erfindungen ersonnen

Was in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt ist: Neben seiner weltberühmten Erfindung der Gedruckten Schaltung ersann Paul Eisler weitere wichtige Produkte für die Elektrotechnik. So meldete er unter anderem Patente für elektrische Sicherungen, für Multilayerwerkstoffe oder für eine Folienbatterie an.

Ohne gedruckte Schaltung könnten wir weder mit Mobiltelefonen kommunizieren, hätten keinen Fernsehempfang, könnten weder am Computer spielen, noch könnten wir im Internet surfen. Preiswerte und erschwingliche Elektronik gibt es dank der Erfindung von Paul Eisler.